Dienstag, August 03, 2010

Wo wo bist Du, wo wo bist Du? (SMG, ca. 1980)


Wir berichten über das literarische Werk "You Are Here - A Portable History of the Universe" von Christopher Potter www.christopherpotter.co.uk. Nebenbei bemerkt, frühzeitiges Betrachten der miserablen Homepage des Autors hätte den Erwerb und damit auch diesen Post verhindert sowie dem Rezensenten etwa 20 kanadische Dollars gespart.

Was Herr Potter hier vorlegt, ist im Grunde genommen eine verkürzte Nacherzählung von Bill Bryson's "Short History of Nearly Everything", die wir im Herbst 2005 durchgenommen haben. Die einander ähnlichen Buchtitel legen dies ebenfalls nahe.

Damit ist der Inhalt bereits im Wesentlichen charakterisiert und wir können uns auf die Unterschiede in der Präsentation konzentrieren. Vom fulminanten Bryson'schem Erzählstil ist bei seinem Landsmann Potter nichts zu spüren. Kein feiner britischer Humor, keine ironischen Seitenbemerkungen und auch keine Anekdoten aus den Leben der zahlreich vorkommenden Wissenschaftler vergangener Jahrhunderte findet sich. Potter bleibt hier flach wie die Landschaft von Saskatchewan, was sich natürlich auch beim Seitenzahlenverbrauch niederschlägt (294 gegenüber 687 bei Bryson).

Zugute halten wir Potter, dass er sich offenbar mit griechisch-antiken und neuzeitlichen Philosophen etwas besser auskennt oder zumindest in der Lage ist, passende Zitate zu finden und einzubauen. Eventuell sind aber auch die Möglichkeiten von Wikiquotes zwischenzeitlich erweitert und bedienerfreundlicher geworden als noch zu Beginn der Dekade, während Bryson recherchierte.

Anders als dieser scheut Potter nicht vor der wissenschaftlichen Notation grosser Zahlen und beraubt sich damit der Möglichkeit, eindrucksschindende Vergleiche wie in der "Short history" liefern zu können (z.B. Erbse in Kathedrale = Atomkern zu Elektronenhülle). Dies geschieht zugunsten der nüchternen Darstellung in Zehnerpotenzen.

Konsequent meistert Potter, sozusagen als "roter Faden" in seinem Werk, den wiederkehrenden Bezug auf Kopernikus, das geozentrische und später heliozentrische Weltbild und die Frage nach unserer Sonderstellung im Universum. (Um es vorweg zu nehmen: Nein, diese Sonderstellung haben wir auf keiner der angelegten Skalen und dies zeigt Potter regelmässig und eindrücklich auf.) Damit unterstreicht er den Buchtitel und seine Argumentationskette, ohne den Rahmen ausufern zu lassen. Eben kein "nearly everything".

Wer sich bereits eine Basisbibliothek zu Themen wie Entstehung des Universums und der Galaxien, Inflation, Einstein und Lichtgeschwindigkeit, Sterne und Planeten, der Erde und ihrer verschiedenen lebenden und toten Lebewesen einschliesslich des Menschen aufgebaut hat, kann auf dieses Werk getrost verzichten.

Unser Fazit: Wer die "Short History" gelesen hat, braucht dieses Buch nicht mehr. Für alle anderen ist es lohnend und es überzeugt als eine leicht geschriebene kenntnisreiche, populärwissenschaftliche Darstellung mit nachvollziehbarer Argumentationsführung.

Unser Text bezieht sich auf die US Paperback Ausgabe.

Gruss,
PP

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