Freitag, August 27, 2010

Mittwoch, August 18, 2010

Harley Days

Harley-Davidson-Fahrer sind Schwuchteln. Gesicherte Erkenntnis seit South Park, Episode 12, Staffel 13. Dies als Eingangsbemerkung bzw. Nullhypothese unseres heutigen Beitrags.

An einem heissen und sonnigen Juniwochenende waren wir in Hamburg. Gleichzeitig fanden dort die so genannten "Harley Days" statt. Tausende dieser amerikanischen Mistmühlen wurden in die Hansestadt bewegt und durften dort ein paar Tage herumknattern. Am Sonntag fand die grosse Abschlussprozession statt. Bis etwa 14:00 Uhr war die Stadt überfüllt von vorwiegend schwarzgekleideten (dazu später mehr) Bikern mit ihren Maschinen.

Interessanterweise war bereits eine Stunde später der ganze Spuk nahezu spurlos vorüber. Nicht einmal leere Bierflaschen und weggeworfene Plastikbecher waren zu sehen, jedenfalls nicht in materiellem Ausmasse.

Unserer Ansicht nach ist der plötzliche Aufbruch nicht allein dem Dosenpfand und dem am Nachmittag übertragenen Fussballspiels der deutschen Nationalmannschaft in Südafrika zu verdanken. Auch nicht dem Formel 1 Autorennen am gleichen Tag.

Nein, der Grund ist folgender: Die Harley-Fahrer sind ja eigentlich gar keine richtigen Biker. (Sie sind Schwuchteln, wie oben bereits bemerkt.) Sie sind im richtigen Leben Abteilungsleiter in Banken, Versicherungen oder Industriebetrieben; besitzen eine Marketingagentur, oder sind Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen. Vielleicht sind sie auch Partner einer Beratungsfirma oder dergleichen.

Deswegen mussten sie bereits am frühen Sonntagnachmittag wieder aus Hamburg abreisen, weil am Montag ja der Schreibtisch wieder auf sie wartete. Und den Nummernschildern nach zu urteilen waren dies teilweise beträchtliche Reisewege, die allerdings nicht auf eigener Harley-Achse zurückzulegen waren. Ob die technische Haltbarkeit der Maschinen oder die Kondition der Fahrer einer längeren Fahrt nicht gewachsen sind, wäre Gegenstand weiterer Forschung und soll hier nicht weiter betrachtet werden.

So sahen wir auch die in Hamburg's Nebenstrassen zu Dutzenden bereitstehenden Autoanhänger, in welche bei schweisstreibenden Temperaturen die Harleys für den Rücktransport verladen wurden. Die Fahrer haben ihre schwarzen, mit eingenähten Bierbäuchen aus Schaumstoff versehenen T-Shirts wieder ausgezogen und diese mit im Anhänger für den nächsten Harley-Event eingelagert. Die mächtigen Schaumstoffwampen im T-Shirt sind Gattungsmerkmale der Familie Harley-Fahrer und haben den wünschenswerten Effekt, dass die auf den Tank aufgeklebten Totenkopfreliefs keine Druckstellen auf der Haut hinterlassen. Im adrett-lässigen Polo-Shirt ging es dann schnell wieder auf die Autobahn in Richtung Heimat.

Wir konnten somit die Ausgangshypothese mit unseren Beobachtungen zweifelsfrei bestätigen.

Gruss,
Peter Practice

Mittwoch, August 11, 2010

53° 32′ N, 113° 30′ W

Und also sprach ich zu den Winternikes: Da kommt dann einiges auf euch zu! Macht euch auf was gefasst.

Sonntag, August 08, 2010

Wurzelbehandlung gefällig?

Meine Lieblingsbevölkerungsgruppe sind die Berater. Speziell die Gattung der Unternehmensberater. Heute klären wir auf, was die Damen und Herren Berater meinen, wenn sie von "Root Cause" sprechen. Es gäbe vielleicht ein deutsches Wort dafür, Wurzelgrund oder Wurzelursache, aber das hört sich so forstwirtschaftlich-ordinär und dermassen unprofessionell an, damit in der Zunft der Unternehmensberater völlig indiskutabel, so dass es grundsätzlich nicht verwendet wird. Wurzelgrund klingt zu sehr nach Botanik. Und macht ausserdem noch offensichtlicher als "Root Cause" klar, dass es sich um ein äusserst fragwürdiges Konzept handelt, wie wir noch sehen werden.
Was meint die Beraterzunft mit dem Begriff "Root Cause"?
Mit todernster Miene verkünden die Berater, die einzig wahre "Root Cause" gesucht, analysisiert, gefunden, ermittelt, festgestellt, etc. zu haben. Wirklich getan haben sie zumeist gar nichts. Aus dem Kontext ist meist zu schliessen, dass "Root Cause" angeblich in einem kausalen Zusammenhang zum Problem steht. Es kann vermutet werden, dass der Berater hier allen Ernstes behauptet, die eine, die alles begründende, die Mutter aller Ursachen für die (als problematisch beurteilte) Wirkung erkannt zu haben. Und damit die Voraussetzung für deren Beseitung geschaffen hat. Wow! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Der gute Berater hat das bis zum Urknall zurückverfolgt, präzise analysiert und alles was jetzt zu tun ist, wäre die Auswahl der richtigen Medizin. Zum Beispiel eine Methode, wie der gefundenen "Root Cause" Herr zu werden ist und alles wird gut.

Wann verwendet der Berater diesen Begriff?
Der Berater verwendet diesen Begriff, wenn er nicht mehr weiter weiss. Wenn er fälschlicherweise annimmt, die Situation in Ihrem Unternehmen verstanden zu haben. Wenn er in Wirklichkeit aus seinem Methodenkoffer wahllos eine herausgegriffen hat. (Vielleicht nicht ganz wahllos, sondern die Methode, die gerade schick ist und schon anderen Beratungskunden zigfach angedreht wurde.) Und weil er nicht weiss, wovon er redet, wenn er das Wort "Root Cause" ausspricht.

Wie erkennt man solchen Bullshit-Talk?
Sehr häufig entlarvt der Berater oder die Beraterin sich selber. Wir sehen beispielsweise eine Folie (ein "Slide"), auf der unter der Überschrift "Root Cause" etwa fünf bis 25 Gründe genannt werden. Alle sind selbstverständlich "Root Cause". Alle 25. Hier wird unterschwellig natürlich eingestanden, dass es mit der so vollmundig behaupteten Monokausalität nichts ist. Wie so oft, spielen viele Faktoren zusammen und tragen zur Problemsituation bei. Es gibt eigentlich nie, den "einen" Grund für all das Übel, zu dessen Behebung der Berater einst gerufen worden war.

Dabei entlarvt ein kurzer Blick in die Literatur und es wird offensichtlich, wie irreführend das Bild der "Root Cause" doch ist. Betrachte z.B. die Pfahlwurzel im Gegensatz zu einem weit verzweigten Wurzelballen.

Was kann ich dagegen tun?

Beratergelaber zu entlarven ist vergleichsweise einfach. Wenn von einer "Root Cause Analyse" gesprochen wird, verlangen Sie diese Analyse.
Lassen Sie sich die vermuteten Wirkungsmechanismen aufzeigen. Wie, glaubt der Berater, habe die gefundene "Root Cause" die Problemsituation erzeugt? Wie zwangsläufig sind diese Mechanismen und Prozesse? Wurden alternative Verläufe, Einwirkung von Drittvariablen und nichtlineare Dynamiken ebenfalls in der Analyse berücksichtigt?
Stellen Sie diese Fragen. Überlegen Sie für sich, wie logisch und nachvollziehbar die Argumentation ist. Streichen Sie alle Anglizismen und sonstige Beratersprache ("Buzzwords") aus der Analyse heraus. Wie einleuchtend ist das was übrigbleibt?
Wenn von "Standards" die Rede ist (z.B. Standard-Schnittstellen, Standard-Rollendefinitionen, etc.), fragen Sie, wo diese dokumentiert und einsehbar sind. Wie häufig und wo werden die gleichen Standards eingesetzt, wieviele Beispiele können hier genannt werden? Häufig gar keine. Der Standard ist dann quasi neu, in Ihrem Unternehmen definiert, erstmalig eingesetzt und natürlich erfolgreich. Dass wir eigentlich einer grenzenlosen Experimentierfreude zusehen, einem Prozess des Versuch-und-Irrtums live in Ihrer Firma und auf Kosten Ihrer Mitarbeiter, wird verschwiegen.

Soweit unsere Ausführungen am heutigen rennfreien Sonntag. In einer der nächsten Folgen werden wir uns in ähnlicher Weise mit einem anderen bekannten und beliebten Begriff der Beratersprache, dem "Quantum Leap" beschäftigen.

Grüsse,
PP

Dienstag, August 03, 2010

Wo wo bist Du, wo wo bist Du? (SMG, ca. 1980)


Wir berichten über das literarische Werk "You Are Here - A Portable History of the Universe" von Christopher Potter www.christopherpotter.co.uk. Nebenbei bemerkt, frühzeitiges Betrachten der miserablen Homepage des Autors hätte den Erwerb und damit auch diesen Post verhindert sowie dem Rezensenten etwa 20 kanadische Dollars gespart.

Was Herr Potter hier vorlegt, ist im Grunde genommen eine verkürzte Nacherzählung von Bill Bryson's "Short History of Nearly Everything", die wir im Herbst 2005 durchgenommen haben. Die einander ähnlichen Buchtitel legen dies ebenfalls nahe.

Damit ist der Inhalt bereits im Wesentlichen charakterisiert und wir können uns auf die Unterschiede in der Präsentation konzentrieren. Vom fulminanten Bryson'schem Erzählstil ist bei seinem Landsmann Potter nichts zu spüren. Kein feiner britischer Humor, keine ironischen Seitenbemerkungen und auch keine Anekdoten aus den Leben der zahlreich vorkommenden Wissenschaftler vergangener Jahrhunderte findet sich. Potter bleibt hier flach wie die Landschaft von Saskatchewan, was sich natürlich auch beim Seitenzahlenverbrauch niederschlägt (294 gegenüber 687 bei Bryson).

Zugute halten wir Potter, dass er sich offenbar mit griechisch-antiken und neuzeitlichen Philosophen etwas besser auskennt oder zumindest in der Lage ist, passende Zitate zu finden und einzubauen. Eventuell sind aber auch die Möglichkeiten von Wikiquotes zwischenzeitlich erweitert und bedienerfreundlicher geworden als noch zu Beginn der Dekade, während Bryson recherchierte.

Anders als dieser scheut Potter nicht vor der wissenschaftlichen Notation grosser Zahlen und beraubt sich damit der Möglichkeit, eindrucksschindende Vergleiche wie in der "Short history" liefern zu können (z.B. Erbse in Kathedrale = Atomkern zu Elektronenhülle). Dies geschieht zugunsten der nüchternen Darstellung in Zehnerpotenzen.

Konsequent meistert Potter, sozusagen als "roter Faden" in seinem Werk, den wiederkehrenden Bezug auf Kopernikus, das geozentrische und später heliozentrische Weltbild und die Frage nach unserer Sonderstellung im Universum. (Um es vorweg zu nehmen: Nein, diese Sonderstellung haben wir auf keiner der angelegten Skalen und dies zeigt Potter regelmässig und eindrücklich auf.) Damit unterstreicht er den Buchtitel und seine Argumentationskette, ohne den Rahmen ausufern zu lassen. Eben kein "nearly everything".

Wer sich bereits eine Basisbibliothek zu Themen wie Entstehung des Universums und der Galaxien, Inflation, Einstein und Lichtgeschwindigkeit, Sterne und Planeten, der Erde und ihrer verschiedenen lebenden und toten Lebewesen einschliesslich des Menschen aufgebaut hat, kann auf dieses Werk getrost verzichten.

Unser Fazit: Wer die "Short History" gelesen hat, braucht dieses Buch nicht mehr. Für alle anderen ist es lohnend und es überzeugt als eine leicht geschriebene kenntnisreiche, populärwissenschaftliche Darstellung mit nachvollziehbarer Argumentationsführung.

Unser Text bezieht sich auf die US Paperback Ausgabe.

Gruss,
PP