Dienstag, Juni 24, 2008

Verteidigung

Da läuft gerade auf DRS3 ein Livekonzert der deutschen Künstlercombo "Die Ärtze". Bevor sie ihren aktuellen Titel vortragen, mahnt der Sänger noch das Publikum, "wenn einer hinfällt, helft ihm wieder auf"!

Na dass gab es bei uns damals nicht. Wenn Boa auf der Loreley gespielt hat, wurden bestenfalls zwischendurch mal die Zusammengeschlagenen von den Ordnern rausgezogen, aber das war's dann auch. Im Logo haben sich manche zum Pogo den Motorradhelm aufgesetzt.

Aber die Verweichlichung begann schon früh. Ich erinnere mich noch an die Muschelfeten, wo selbst bei Cure oder Sisters kein Rempeln mehr möglich war, weil sie dann direkt Angst bekamen. Das war Anfang der Neunziger.

Und sowas muss uns nun am Hindukusch verteidigen, wie soll das nur gehen? Flucht in die Alpen, Rückzug in schwer einnehmbare Täler, Ortskenntnis nur mit den guten Militärkarten möglich. Oder Guhgl Örs.

Graus und gute Nacht
Peter Practice

Samstag, Juni 21, 2008

Backwerk

Ich werde oft gefragt, wie denn die Muffins immer so gut gelingen. Ganz einfach, antworte ich dann immer. Ich benutze einen speziellen Knethaken, einen K-Haken (s. Abbildung). Den habe ich geklaut. Bin einmal später am Abend runter auf die Strasse und habe in meinem Viertel einfach am nächstbesten am Strassenrand geparkten Maybach den Haken vorne abgerissen. Einfach so. Dann in die Knetmaschine gesteckt und so funktioniert es. Man muss sich nur zu helfen wissen!

Es grüsst
Chefbäcker Practice

Verschlimmbessert

Der neugestaltete Flughafen von Mumbai ist superscheisse. Eine echte Verschlimmbesserung ist durch den Umbau eingetreten. Warum? Zunächst die Anfahrt. Es gibt jetzt nicht mehr die zentrale Rampe, auf der man mittig auf das Flughafengebäude zufährt, und sich der Verkehr dann gabelt und damit teilt, jetzt wird der gesamte Autoverkehr an der gesamten Gebäudefront vorbeigeleitet, dabei verringert sich die Fahrbahn von ca. fünf Spuren (in Mumbai weiss man das nie so genau, es könnten auch sechs oder sieben sein) auf zwei. Von diesen wiederum ist die Hälfte oder mehr für das Ein- und Aussteigen von Fluggästen blockiert. Allein die Anfahrt verlängert sich von vorher etwa zwei Minuten auf jetzt etwa 15 (dies gegen 23 Uhr).

Innendrin ist es jetzt zwar etwas schöner gestaltet, es gibt moderne Anzeigetafeln, elektronische Displays und mehr Platz, das hilft aber alles nichts. Die kleine LH/LX Lounge gibt es nicht mehr, man muss jetzt erst durch Immigration. D.h. den superüberflüssigen von-indischer-Bürokratie-zeugenden Immigration Zettel muss man jetzt irgendwo im Stehen ausfüllen, was man vorher im Sitzen in der Lounge erledigen konnte. Dort gab es auch deutsche Zeitungen und Zeitschriften, das ist vorbei.

Immigration, eigentlich Emmigration (gibt es dieses Wort?) beginnt mit zwei Linien, eine für Business und First, die andere für Economy. Die für Eco ist viel länger und schlängelt sich mehrfach hin und her, so dass sich alle an Business/First einreihen. Dort jedoch warten lediglich zwei, in üblicher Manier in Schneckentempo arbeitende Officers, auf die Ausreisewilligen, während die Eco-Schlange mindestens zehn oder mehr Schalter hat. Logischerweise geht es dort viel schneller, was viele Reisende aus der Business/First Schlange zum Wechsel bewegt. Chaos pur.

Direkt nach diesen Schaltern muss die gesamte Menschemenge wieder durch ein schmales Tor, wo der Stempel im Pass kontrolliert wird, dann folgt die Security, wo ca. fünf Beamte gleichzeitig denselben Radarbildschirm des durchfliessenden Handgepäcks kontrollieren, aber nur ein einziger Beamter die Passagiere mit dem Kochlöffel bearbeitet, hier also wieder ein gigantischer Engpass entsteht.

Gleichzeitig wird das Handgepäck als "kontrolliert" gekennzeichnet und hier rächt es sich teuflisch, wenn der am Check-In Schalter (das ist zu diesem Zeitpunkt schon etwa 30 Minuten her) der angebotene Gepäckzettel mit dem hübschen Swiss-Logo nicht verwendet wurde. Denn auf diesen Zettel wird der Stempel angebracht, der nach der Security wiederum an einem weiteren, nach Rampe, Check-In, Immigration, Passkontrolle, Security, dem sechsten Engpass, kontrolliert. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass etliche Beamten dort einfach herumstehen und gar nichts (offensichtliches) machen, ausser vielleicht angestrengt nachdenken, und die gar nicht so seltenen Fluggäste, die im bisherigen Prozess ihre Bordkarte oder den Pass verloren haben wieder entgegen des Stroms zurück eskortieren.

Jetzt kommt der Gipfel, oder nein, es wird schlimmer und dann nochmals schlimmer. Aber der Reihe nach. Die am Check-In erhaltene Karte, mit der der in der Business-Klasse Reisende in die Executive Lounge eingeladen wird, ermöglicht den Zutritt in ein Freigehege. Nicht anders lässt sich das beschreiben, denn es ist lediglich ein grosser, rechteckiger, vom übrigen Wartebereich durch Wände abgetrennter Raum (und natürlich an einem winzigen Zugang, sprich weiterem Engpass, durch weitere Flughafenbedienstete kontrolliert wird), der ausser einer Vielzahl (von den Reisenden nach Brüssel, New York, Bangkok, Hong Kong, Wien, Zürich, etc. bereits besetzter) Stühle rein gar nichts bietet. Einen jämmerlichen Zeitungsständer mit indischer Tagespresse, die mittlerweile, es ist schon nach Mitternacht, bereits total veraltet ist. Irgendwo haben einige der belgischen Reisenden ein paar Dosen Kingfisher aufgetrieben, die sie mit glasigem Blick reinschlürfen.

Der absolute Hammer ist dann Engpass Nr. 8, wenn gleichzeitig vier verschiedene Flüge für insgesamt zwei Gates aufgerufen werden (Hong Kong, Wien, Zürich, Bangkok), die aber de-facto alle durch die gleiche Ausgangstür müssen! Besonders reizvoll wird diese Situation, dass vor dieser Tür jetzt vier Schlangen gebildet werden müssen (für vier Flüge), strenggenommen sogar acht (jeweils noch Eco und Business), dies von aufmerksamen Flughafenmitarbeiterinnen mit Walkie-Talkies auch eifrig koordiniert wird (so muss sich ein Schwein fühlen, das mitsamt der Horde im engen Stall hin- und hergetrieben wird, man schwitzt auch etwa so während der Prozedur; Frage: kommen Schweine in Horden oder in Herden oder gar in Rudeln? Nicht sicher.), ABER die vier Bildschirme über diesen Schlangen (die wohlgemerkt alle auf die gleiche Ausgangstür gerichtet sind) ihre Informationen beständig austauschen, was jedesmal vom Versuch der Schweinetreiberinnen begleitet wird, die Schlangen bzw. Schweine vor die jeweilig oben angezeigte Fluginformation zu bugsieren. Das ist echt tierisch, wobei man aus der Binnenperspektive gut erkennen kann, ob es europäische oder asiatische Schweine sind, die entweder hellrote, dunkelrote oder blaue Reisepässe in der Klaue halten.

Kaum erwähnenswert ist dann Engpass Nr. 9, wenn man endlich kurz vor dem eigenen Flieger steht und eine erneute Kontrolle von irgendwas erfolgt. Was jetzt noch kontrolliert wird, habe ich vergessen. Wahrscheinlich nicht mehr richtig abgespeichert, weil man nur noch in seinen Sitz fällt und einen tiefen Atemzug des in der Kabine versprühten Insektenvernichtungsmittels inhaliert und dann möglichst rasch entschlummert.

Gute Nacht wünscht
Peter Practice